Offener Brief: Die Bundesregierung soll sich bei den EU-Ratsverhandlungen zur KI-Verordnung für ein striktes Verbot der biometrischen Überwachung einsetzen

AlgorithmWatch und 26 weitere zivilgesellschaftliche Organisationen fordern die Bundesregierung auf, sich in den Verhandlungen zur KI-Verordnung für ein striktes Verbot der biometrischen Überwachung einzusetzen, wie es im Koalitionsvertrag verankert ist.

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Nikolett Aszódi
Policy & Advocacy Managerin

Der Rat der EU, bestehend aus den Mitgliedsstaaten, arbeitet mit Hochdruck an einer Einigung über die EU-Verordnung zu Künstlicher Intelligenz (KI-Verordnung) und strebt eine allgemeine Ausrichtung bis Anfang Dezember an. Das im Gesetz enthaltene Verbot biometrischer Identifizierungsverfahren, die zu einer Massenüberwachung führen können, birgt in seiner jetzigen Form jedoch gefährliche Schlupflöcher und Einschränkungen.

Die unterzeichnenden zivilgesellschaftlichen Organisationen begrüßen die deutsche Position zur biometrischen Identifikation im Koalitionsvertrag, wonach sie in öffentlich zugänglichen Räumen durch eine EU-weite Regelung ausgeschlossen werden muss. Die KI-Verordnung könnte ein sinnvolles Verbot der biometrischen Überwachung in der gesamten EU einführen, aber dazu müssten ihre Mängel behoben werden. Wir fordern die deutsche Regierung auf, konsequent an ihrer Position festzuhalten und ihr Bestes zu geben, um ein umfassendes Verbot der biometrischen Überwachung in dieser letzten und entscheidenden Phase der Verhandlungen herbeizuführen.

Offener Brief

Sehr geehrte Mitglieder der deutschen Bundesregierung,

Wir wenden uns an Sie im Namen von 27 zivilgesellschaftlichen Organisationen anlässlich der Verhandlungen zur europäischen Verordnung über Künstliche Intelligenz (KI-Verordnung), die in vollem Gange sind und bezüglich derer sich der EU-Rat demnächst auf eine allgemeine Ausrichtung einigen wird.

Die unterzeichnenden Organisationen begrüßen es sehr, dass die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag explizit festgehalten hat, dass biometrische Identifikation im öffentlichen Raum durch eine EU-weite Gesetzgebung ausgeschlossen werden muss. Die KI-Verordnung und insbesondere der Artikel 5d des Entwurfes könnten mit ihren zusätzlichen rechtlichen Absicherungen zu den bereits bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen ein sinnvolles Instrument für ein sinnvolles Verbot werden.  

Bedauerlicherweise sehen wir in der letzten Kompromissversion des Rates weiterhin weitgehende Lücken, die ein umfassendes und zuverlässiges Verbot der biometrischen Identifizierung im öffentlichen Raum verhindern würden.

In anderen Worten: Das Verbot von biometrischer Überwachung in Art. 5d des KI-Verordnungsentwurfs vermag in seiner aktuellen Form nicht, die vielfältigen Grundrechtsverletzungen, die diese Praktik mit sich bringen kann, zu verhindern. 

Wir sehen somit eine Diskrepanz zwischen der im Koalitionsvertrag vertretenen Position und dem, was sich derzeit bei der Ratsposition zur KI-Verordnung abzeichnet. Vor dem Hintergrund der Bemühungen der Bundesregierung für ein Verbot von biometrischer Überwachung im öffentlichen Raum – und damit für die Umsetzung dieses zentralen Koalitionsvertragsversprechens – rufen wir Sie auf, sich in dieser entscheidenden Phase der Verhandlungen nochmals explizit dafür stark zu machen. Ein deutliches Signal der deutschen Bundesregierung an die anderen EU-Mitgliedstaaten zum jetzigen Zeitpunkt wäre zentral, um umzusetzen, was die Koalition im Dezember vergangenen Jahres versprochen hat. Das Verbot von biometrischer Überwachung in der KI-Verordnung wird nur dann zuverlässig unsere Grundrechte schützen, wenn dieses nicht voller Schlupflöcher ist. Die europäische Bevölkerung zählt auf Sie.

Unterzeichnende Organisationen:

AlgorithmWatch

AlgorithmWatch Switzerland

Access Now

Amnesty International Deutschland

Article 19

Asociația pentru Tehnologie și Internet

Bürgerrechte & Polizei/CILIP

Chaos Computer Club

Citizen D

Digitalcourage

Digitale Freiheit DE

Digitale Gesellschaft

Digitale Gesellschaft CH

D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt

ECNL

EDRi

Electronic Frontier Finland

Elektronisk Forpost Norge

epicenter.works

Gesellschaft für Informatik

Homo Digitalis

Initiative Schwarze Menschen in Deutschland

Irish Council for Civil Liberties (ICCL)

IT-Political Association of Denmark

Open Knowledge Foundation

Reporters Without Borders (RSF) Germany

Wikimedia Deutschland

Lesen Sie mehr zu unserer Policy & Advocacy Arbeit zum Artificial Intelligence Act.